08.02.2023
Widerspruch Frankreichs gegen EuGH-Urteil
Nach der Annullierung der Einstufung und Kennzeichnung von Titandioxid in bestimmten Pulverformen als krebserregend durch das EuGH am 23.11.2022 stellte sich die Frage ob eines der Mitgliedsstaaten Widerspruch gegen das Urteil einlegen wird.
Am 08.02.2023 unternahm Frankreich diesen Schritt. Dadurch wird das Urteil des Gerichtes ausgesetzt und dies hat langfristige Folgen. Ein weiteres Gerichtsverfahren kann mehrere Jahre dauern, darüber hinaus bedeutete es, dass die harmonisierten Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschriften für Titandioxid in Pulverform bis zum Ausgang des Berufungsverfahrens weiter gelten.
23.11.2022
EuGH erklärt Verbot für Titandioxid für nichtig!
Ein Zusammenschluss von Herstellern klagte gegen das das verhängte Urteil von 2019, dass Titandioxid in bestimmten Formen als krebserregend eingestuft werden musste.
Das Gericht argumentierte, dass die Europäische Chemikalienagentur nicht alle Gesichtspunkte beachtet und im Anschluss daraus keine plausiblen Schlussfolgerungen gezogen habe. Die EU-Kommission folgte dieser Schlussfolgerung bei weiteren Beschlüssen und beging damit den gleichen Fehler. Bei dem ganzen Verfahren wurde ignoriert, dass die Kriterien der Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen (CLP-Verordnung) verstoßen, wonach sich die Einstufung eines Stoffes als karzinogen nur auf einen Stoff mit der “intrinsischen Eigenschaft”, Krebs zu erzeugen, beziehen darf.
Davon unberührt bleibt das Urteil der Verwendung von Titanoxid in Lebensmitteln als Zusatzstoff E171. Der Einsatz des Produktes (E171) ist seit Sommer 2022 in der gesamten EU verboten, dies ist unabhängig von der jetzt revidierten Einstufung. Das Weißpigment darf aber weiterhin in Lack- und Farbenformulierungen eingesetzt und verwendet werden.
Ein Wort aus der Industrie
Das Hauptargument, dass zur folgenschweren Einstufung führte: Die Pulverform des Titandioxids sei bei inhalativer Aufnahme krebserregend. Der Schutz vor Stäuben und Staubeffekten ist allerdings Sache des Arbeitsschutzes und sollte auch in diesem Bereich geregelt werden.
07.03.2022
Titandioxid in medizinischen und kosmetischen Produkten
Folgt ein Verbot für die Verwendung von Titandioxid in medizinischen und kosmetischen Produkten?
Titandioxid ist in Kosmetika als Farbstoff und UV-Filter sowohl in Form von Nanomaterialien als auch von Nicht-Nanomaterialien zugelassen. Die Kommission hat vor kurzem die Verwendung von TiO2 in kosmetischen Mitteln weiter eingeschränkt und die Bedenken hinsichtlich der Inhalationsexposition nach einer Stellungnahme des Wissenschaftlichen Ausschusses für Verbrauchersicherheit (SCCS) ausgeräumt. Seitdem darf das Material in einigen Kategorien von kosmetischen Mitteln unter stark kontrollierten Bedingungen eingesetzt werden, die die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher gewährleisten.
Bei Arzneimitteln stützt sich die Verordnung (EU) 2022/63 auf eine wissenschaftliche Analyse der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und sieht vor, dass Titandioxid vorläufig auf der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe verbleibt, um seine Verwendung in Arzneimitteln als Farbstoff zu ermöglichen, bis geeignete Alternativen entwickelt werden. Es ist eine Überprüfungsklausel von drei Jahren vorgesehen, in der sich die Kommission verpflichtet, auf der Grundlage einer aktualisierten Bewertung der EMA bis zum 1. April 2024 zu überprüfen, ob Ti O2 weiterhin auf der Unionsliste der Lebensmittelzusatzstoffe für die ausschließliche Verwendung als Farbstoff in Arzneimitteln verbleiben muss, oder es anderweitig zu streichen.
14.Januar.2022
Titandioxid in Lebensmitteln ab Sommer 2022 verboten
Die Europäische Kommission hat ein Verbot für die Verwendung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff (E171) erlassen. Die EU-Staaten hatten einen entsprechenden Vorschlag der Kommission im Oktober 2021 einstimmig bestätigt. Das Verbot tritt im Sommer 2022 in Kraft. Diese Entscheidung stützt sich auf ein wissenschaftliches Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit. Dieses kam zu dem Schluss, dass Titandioxid bei der Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann. Das ist insbesondere so, weil Bedenken hinsichtlich der Genotoxizität, also der Fähigkeit von chemischen Substanzen, genetisches Zellmaterial zu verändern, nicht ausgeschlossen werden können.
09.05.2019
Titandioxid – neue Klassifizierung?
Über Titandioxid (Titan(IV)-oxid) wird in letzter Zeit viel diskutiert und immer wieder flammen Diskussionen zum Umgang mit diesem Stoff auf. Die Grundlage der mittlerweile weitreichenden Debatte beruht auf einem von Frankreichs Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) eingereichten Bericht bei dem Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der ECHA. In dieser zusammengefassten Abhandlung fordert die ANSES die EU-weite harmonisierte Einstufung des Stoffes in die Kategorie 1B Kanzerogenität. Der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der ECHA hat am 08. Juni 2017 eine Einstufung als Krebsverdachtsstoff (Kategorie 2) empfohlen. Die Entscheidung über eine Einstufung liegt nun beim REACH-Regelungsausschuss unter Federführung der Europäischen Kommission.
In den letzten Wochen hat das Umwelt- und Wirtschaftsministerium aus Frankreich für sich als Konsequenz nun ein Verbot für den Farbstoff E171 für die Verwendung in Lebensmitteln ab dem 01. Juni 2020 erteilt. Dadurch wurde das mediale Interesse wieder stark entfacht. Auch wird der Druck auf die EU erhöht eine europäisch einheitliche Regelung zu formulieren.
Wo wird Titandioxid eingesetzt?
- Lebensmittelfarbstoff E171 zum Beispiel in Dragees, Kaugummi, als Überzug, in Zahnpasta und Zahnpflege-Produkten
- Kosmetika
- Arzneimittel
- Sonnenschutzprodukte – UV-Blocker
- Malerfarbe, Lacke, Straßenmarckierungsfarben
- Kunststoffe
- Keramiken
- Papier
Im täglichen Leben trifft man somit ständig auf Titandioxid. Die Industrie verarbeitet das Produkt jährlich tonnenweise in diversen Produkten. Der Farbstoff wird hier in der Regel als Pigment eingesetzt um die klare weiße Farbe oder einen glänzenden Überzug in den Produkten zu erreichen.
Wie kommt es zur Diskussion?
Ausgangspunkt der jetzt schwelenden Debatte ist eine Studie aus dem Jahre 1985, in der an Ratten Inhalationsversuche mit Titandioxid-Nanopartikeln durchgeführt wurden. Hier reagierte eine bestimmte Rattenspezies auf die Exposition mit sehr hohen Dosen der Nanopartikel mit Symptomen einer so genannten “Lungenüberlastung”, es bildeten sich Lungentumore. Diese Reaktion blieb bei anderen Studienspezies aus. Wissenschaftler aus Frankreich bewerteten diese Studie erneut und sahen die Erfordernis zur Einstufung als Krebserregenden Stoff. Darauf reagierte Frankreichs Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) mit einem Antrag an die ECHA.
Gefahr für den Menschen?
Es muss festgehalten werden, dass der Effekt der gezeigten Symptome nicht stoffspezifisch, sondern staubspezifisch ausgelöst wird, denn andere schwer lösliche Stäube verursachen nach inhalativer Aufnahme und Speicherung ebenfalls Lungentumore bei Tierversuchen. Der damals verwendete Versuchsaufbau ist nach heutigen wissenschaftlichen Standards nicht aussagekräftig, laut OECD/ECHA-Leitlinien kann die Studie durch die verwendeten extrem hohen Konzentrationen von staubförmigen Titandioxid nicht auf den Menschen übertragen werden.
Es existieren zahlreiche Studien über Titandioxid, unter anderem wurden Untersuchungen an über 20.000 Mitarbeitern in 18 verschiedenen Produktionsanalgen, auch in Deutschland, für Titandioxid durchgeführt. Das Ergebnis, der über mehrere Jahrzehnte angelegten Untersuchung zeigt, dass kein erhöhtes Risiko für Tumorentwicklung festgestellt werden kann. Eine Vielzahl von Experten ist über die Unbedenklichkeit von Titandioxid überzeugt und verweist immer wieder auf die falschen Schlussfolgerungen auf Grund der nicht einbezogenen Partikelgröße und -form oder der Kristallstruktur.
Was bleibt?
Tatsächlich streitet nicht nur der REACH-Ausschuss über die Aussagekraft der wissenschaftlichen Studien, auch die EU-Kommission bleibt verunsichert.
Nach langer Debatte ist die EU-Kommission der Industrie nun entgegengekommen und empfiehlt die Einstufung als potenziell krebserregend nur für Titandioxid als Pulver.
Eine definitive Entscheidung hat die EU-Kommission allerdings bisher nicht gefällt. Die am 08.03.2019 abgehaltene Sondersitzung des REACH-Regelungsausschusses in Brüssel ergab keine qualifizierte Mehrheit für den EU-Kommissionsvorschlag zur Einstufung als Krebsverdachtsstoff. Titandioxid war einer der Stoffe auf der Liste zur 14. Anpassung (ATP) des Anhang VI zur CLP-Verordnung. Die Abstimmung zu dieser ATP wurde auf der Sitzung verschoben. Vermutlich wird erst nach der anstehenden Europawahl und nach Konstitution einer neuen EU-Kommission über die ATP und somit über eine mögliche Einstufung von Titandioxid entschieden.
Ein Vorschlag aus der Industrie!
Sinnvoller als eine Einstufung von Titandioxid wäre es aus Sicht der Industrie, einen europaweit einheitlichen Grenzwert für schwerlösliche Stäube am Arbeitsplatz zu schaffen. Eine Expertengruppe bei der Europäischen Kommission prüft bereits die Erstellung eines harmonisierten, europäischen Arbeitsplatzgrenzwertes für derartige Stäube.
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